
Polizisten töten Geflüchtete – Linke rufen zu Protest auf …
18. Juli 2025Antwort auf den Artikel „Linksautonome rufen zu Demo in Stuttgart auf – Behörden sehen Gewaltpotenzial“
… so könnte die tatsächliche Überschrift des Artikels der Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten lauten, der den legitimen Protest gegen tödliche Polizeigewalt diffamiert. Im Artikel wird eine angemeldete Demonstration in ein Gewaltpotenzial umgedeutet, während Polizeigewalt und die Erschießung eines jungen Mannes durch einen Polizisten nicht mal kritisch hinterfragt werden.
Von wem geht denn Gewalt aus?
Der Artikel mit dem Titel „Linksautonome rufen zu Demo in Stuttgart auf – Behörden sehen Gewaltpotenzial“ vom 18.07.1 betont immer wieder, dass von den aufrufenden und beteiligten „extremistischen“ Gruppen Gewalt zu befürchten sei. Gleichzeitig bleibt die tödliche Polizeigewalt selbst fast kommentarlos. Diese einseitige Darstellung dient nicht der Aufklärung, sondern der Einschüchterung. Wohlgemerkt: keine 3 Wochen, nachdem ein Polizist einen jungen Geflüchteten in Stuttgart-Ost erschossen hat, was die zweite Tötung eines jungen Geflüchteten durch einen Polizisten innerhalb von kaum mehr als einer Woche war.
Vorausgegangen war dem eine Aussage seitens des baden-württembergischen Innenministers Strobl – dem wohlgemerkt die Polizei unterstellt ist. Nach dem Mord an dem geflüchteten Mann in Wangen Ende Juni nahm Strobl die dafür Verantwortlichen in Schutz und verdrehte das Opfer zum Täter: „Wer mit einem Messer einen Polizisten angreift, hat sich entschieden, nicht mehr zu leben, nicht mehr in diesem Land zu leben.“ D.h. wer aus polizeilicher Sicht subjektiv den Anschein erweckt, Gewalt gegen Cops und Vollzugsbeamt*innen anzuwenden, darf erschossen werden.
So wird Polizeigewalt – und auch tödliche Polizeigewalt – bereits im Vorfeld politisch gerechtfertigt.
Und so verwundert es auch nicht, dass im Kontext dieser Aussage, der ständigen Weiterbewaffnung der Polizei, im Kontext der Law-and-Order-Mentalität (nicht nur) bei Stuttgarter Politiker*innen und Sicherheitsbehörden sowie der dauerhaft – faktisch falschen – Gleichsetzung von Kriminalität mit Herkunft und der damit verbundenen rassistisch aufgeladenen gesellschaftlich ängstlichen Stimmung nur wenige Tage nach dieser Aussage ein weiterer Mensch von der Polizei erschossen wird.
Wenn auf Worte Taten folgen … Oder anders gesagt: Strobl spricht – Polizist schießt.
Nach der Tötung des Mannes in Stuttgart-Ost folgte kein Wort von Abwägung der Mittel, kein Wort von Verhältnismäßigkeit, kein Wort von Verantwortung der Exekutivorgane – oder andere Phrasen, die man sonst dazu hört. Nein, der bürgerliche Staat versucht nicht einmal mehr, den Anschein zu wahren, dass es sich um den viel zitierten Rechtsstaat handle. Dies zeigt sich auch an vielen weiteren Punkten, sei es in der Abschiebepolitik der BRD, der unrechtmäßigen Auslieferung von unliebsamen Aktivist*innen wie am Beispiel Maja nach Ungarn oder auch im Umgang mit Demonstrationen und Protesten hier in Stuttgart, die angegriffen werden, mit Redeverboten belegt und zu verhindern versucht werden.
Wir sehen das Gewaltpotenzial also in einem System, das stetig auf militärische und verbale Aufrüstung setzt und das ein enormes Gewaltpotenzial gegen den Großteil der Bevölkerung in sich trägt.
Was ist hier eigentlich extremistisch?
Dafür werden wir im Artikel an mehreren Stellen als gewaltorientiert und extremistisch gebrandmarkt. Wir fragen uns:
- Ist es extremistisch, wenn Menschen gegen das Töten durch die Polizei demonstrieren?
- Ist es extremistisch, eine Gesellschaft zu fordern, in der soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde gelten – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Aufenthaltsstatus?
- Ist es extremistisch, für eine solidarische Gesellschaft einzutreten, in der Polizeigewalt keine Basis hat und in der alle nach ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten ein gutes Leben haben können?
Wenn das „extremistisch“ ist – dann liegt das Problem nicht bei uns.
Extrem ist vielmehr ein System, das tödliche Gewalt durch Uniformierte nicht nur zulässt, sondern politisch legitimiert.
Extrem ist eine Sprache, die das Leben eines Menschen von seinem Verhalten abhängig macht.
Extrem ist, wer auf Protest mit Überwachung, Einschüchterung und medialer Diffamierung reagiert.
Gemeinsam gegen Polizeigewalt und für ein solidarisches Miteinander
Gegen diese skizzierten Zustände gehen wir auf die Straße – am 18.07. gegen Polizeigewalt, aber auch Tag für Tag. Denn für uns ist klar: Echte Sicherheit für den Großteil der Bevölkerung entsteht nicht durch Waffen und Aufrüstung – sondern durch soziale Gerechtigkeit und eine solidarische Gesellschaft, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert.
Und genau dafür demonstrieren und kämpfen wir.
1https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.toedlicher-polizeieinsatz-linksautonome-rufen-zu-demo-in-stuttgart-auf-behoerden-sehen-gewaltpotenzial.77c6c6d7-cd88-48e3-969c-0e81894314f7.html